Irische Fossilien als Dinosaurier-Reste bestätigt

Fossilien von Dinosauriern in Irlands Boden sind unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen. Fundstücke aus den achtziger Jahren wurden jetzt offiziell und zweifelsfrei den Dinosauriern zugeordnet.

Mike Simms präsentiert zwei versteinerte Dinosaurier-Knochen, gefunden in den 1980ern in Irland.
Michael Simms, National Museum Nordirland, präsentiert die beiden Fossilien (links das Schienbein, rechts der Oberschenkel)

Der Engländer Richard Owen führte 1842 das Wort Dinosaurier für bestimmte ausgestorbene, den Reptilien ähnliche Tiere ein. Seit dem wurde eine ganze Reihe Dinosaurier in Großbritannien, Europa und anderen Kontinenten gefunden, keiner jedoch in Irland. Vier Kandidaten hatten sich im Laufe der Zeit im Nationalmuseum Nordirlands angesammelt. Nun wurden sie von Fachleuten untersucht. Ihr Urteil: eines der “Fossilien” ist ein Lavabrocken, eines stammt vom Kiefer eines Fischsauriers und zwei sind tatsächlich Reste von Dinosauriern.

Am Anfang des Erdmittelalters, vor 252 Millionen Jahren, steht das größte Artensterben der Erdgeschichte. Aus allen Lebensräumen verschwanden die unterschiedlichsten Tierarten, selbst viele Pflanzenarten konnten sich nicht schnell genug anpassen. Auch die bereits bestehenden Reptilien litten massiv unter den Veränderungen, wenngleich sie sich als Krisengewinner herausstellen sollten. In der folgenden Zeit bildete sich eine Vielzahl von Reptilienarten heraus, unter ihnen die Dinosaurier, welche über 150 Millionen Jahre die Tierwelt dominieren sollten.

In der Frühzeit der Dinosaurier begann die Trennung des Urkontinents Pangäa: Laurasia im Norden und Gondwana im Süden. Dazwischen lag das relativ flache Tethysmeer. Das, was heute Europa und Irland ist, war entweder von Wasser bedeckt oder ragte als Insel heraus. Ablagerungen aus Irlands Zeit als Insel liegen an der Küste im Norden offen zutage. Das Klima war damals warm und eher trocken, nicht die besten Voraussetzungen für Dinosaurier. Außerdem erhalten sich Knochen hier schlecht. Viel später war Irland dann von Wasser bedeckt, der Kalkstein vom Meeresboden liegt auch offen an der Küste. Aber im Wasser lebten keine Dinosaurier, nur Fischsaurier. Was in Irland fehlt, ist Boden aus der Blütezeit der Dinosaurier und somit auch deren versteinerte Reste.

Das Erdmittelalter endete vor 66 Millionen Jahren so, wie es begonnen hatte: mit einem massiven Artensterben. Bis auf die Vorfahren der Vögel hat das nicht eine einzige Dinosaurierart überlebt.

Foto von Klippen. Oberes Drittel schwarzer Basalt, darunter bis zur Hälfte des Bildes weißer Kalkstein. Im Vordergrund Bäume, Büsche und Gras. Eine Stelle gibt den Blick auf roten Lehm frei.

Neben dem Foto eine Skala, welche den Ablauf und das Alter der geologischen Schichten zeigt, von der Gegenwart bis vor 252 Millionen Jahren.
Geologie an der Küste Nordirlands: Drei sichtbare Schichten von der Küste Nordirlands: Roter Lehm aus dem späten Trias, der Anfangszeit der Dinosaurier. Warm und trocken. Weißer Kalkstein vom Grund des Meeres aus der späten Kreidezeit. Oben auf: schwarzes Vulkangestein aus dem frühen Paläogen, nach dem Aussterben der Dinosaurier. Fossilien in Vulkangestein sind selten, aber nicht unmöglich, wie dieses 16 Millionen Jahre alte Nashorn zeigt.

Hobbysammler findet Knochen vom Dinosaurier

Roger Byrne aus Jordanstown war hauptberuflich Lehrer. In seiner Freizeit suchte, fand und sammelte er Fossilien. 1980 fand er an der Küste von Islandmagee in Nordirland etwas, von dem er Dinosaurierreste vermutete. Ende der achtziger Jahre brachte er das Stück ins Ulster Museum in Belfast zu Robin Reid. Reid, damals einziger Experte für Dinosaurier in Nordirland, teilte die Einschätzung Byrnes.

Roger Byrne: Lehrer, Hobbysammler und Finder der Dinosaurier-Fossilien aus Irland.
Roger Byrne im Burren, Co. Clare (Foto: Deirdre Byrne).

So titelt der Belfast Telegraph dann am 27. Juni 1989: “Erster Irischer Dinosaurierknochen”. Und obwohl sich Reid laut Telegraph von der Expertin Angela Milner in London eine zweite Meinung eingeholt hatte, wurde damals keine offizielle wissenschaftliche Bestimmung veröffentlicht. Wenig später ging Robin Reid in Rente und der versteinerte Knochen gerät ein zweites Mal in Vergessenheit, wenn auch vergleichsweise kurz.

2004 bringt Roger Byrne dann ein weiteres Fossil ins Ulster Museum. Auch hier vermutete er einen Dinosaurier als Ursprung des Fossils. Seit 1996 arbeitet Michael Simms als Kurator im Museum. Er sagt: “Roger hatte ein sehr gutes Auge, versteinerte Knochen zu erkennen.” Der Strand am Fundort ist mit Geröll aus Basalt bedeckt. “Das sind kleine, schwarze Steinchen und die Knochen sind kleine, schwarze Steinchen. Sie haben ein leicht anderes Schwarz, eine andere Oberfläche. Roger erkannte: das waren Knochen.”

So kommen die Steine erneut ins Rollen. Simms nimmt dieses und das bereits bekannte Fossil sowie zwei weitere Stücke aus der Sammlung mit nach London ins Museum. Er vergleicht sie mit Knochen der dortigen Sammlung und erhält so eine Vorstellung davon, zu welcher Dinosaurierart die Knochen gehört haben könnten. “Aber ich bin kein Experte für Dinosaurier”, sagt er. Sein Fachgebiet sind Fossilien von Ammoniten und Crinoiden. “Unter keinen Umständen könnte ich einen Artikel mit ausreichend Autorität und Expertise schreiben. Und die meisten Dinosaurierexperten haben Wichtigeres zu tun”

Es dauert also noch ein paar weitere Jahre bis Simms mit den richtigen Kollegen (von der Universität Portsmouth und der Queen’s University Belfast) die sorgfältige Untersuchung und zweifelsfreie Bestimmung abschließt und den Aufsatz fertig formuliert. Seit Herbst 2020 ist es nun offiziell: irische Dinosaurier! Roger Byrne starb leider schon im April 2007 mit 64 Jahren. Als Mitautor steht sein Name nun mit auf der wissenschaftlichen Veröffentlichung. Die beiden Fossilien, die er an der Küste Nordirlands fand, sind ein versteinerter Oberschenkel, vermutlich von einem Scelidosaurus, und ein versteinertes Schienbein von einem Verwandten der Sarcosaurier oder der Megalosauroiden. Die Fossilien stammen aus der Anfangszeit der Dinosaurier, dem frühen Jura vor rund 200 Millionen Jahren.

©Niko Komin (@kokemikal)


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