Schwierigkeiten alleinerziehender Blaumeisen

 

Blaumeise, aufgenommen im Süden Großbritanniens
Blaumeise (Foto S. Herring)

Wenn alle Küken im Gelege von Blaumeisen vor dem Verlassen des Nestes sterben, liegt das in der Regel am plötzlichen Tod eines Elternteils und nicht an Kinderkrankheiten oder an elterlichem Desinteresse. Der andere Elternteil erhöht in diesem Fall die Anstrengungen.

Über sieben Jahre hinweg beobachteten Peter Santema und Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut für Ornithologie Blaumeisen in einem Wald in der Nähe von Landsberg am Lech in Bayern (im “Westerholz”). Mit Chips an den Vögeln und Lesegeräten an den Nistkästen kann jede Meise beim Ein- und beim Austritt erkannt werden. So entsteht ein genaues Logbuch darüber, wer wie oft und wie lange in welchem Nest ist. Einmal pro Woche haben die Wissenschaftler auch selbst im Nistkasten nach den Küken geschaut. Obwohl Raubtiere (insbesondere Marder und Buntspecht) in künstlichen Nistkästen so gut wie nie Beute machen können, kommen auch hier hin und wieder alle Küken eines Geleges um, bevor sie das Nest verlassen haben. Bei 22 der etwa 400 kontinuierlich beobachteten Meisenfamilien war dies der Fall.Die Ursachen hierfür könnten vielfältig sein: Es kommen zum Beispiel Kinderkrankheiten in Frage, Nahrungsmangel oder die Entscheidung der Eltern das Gelege freiwillig zu verlassen, da sich die Aufzucht aus anderen Gründen nicht mehr lohnen würde. In fast allen untersuchten Fällen war aber  einer der Elternteile während der Aufzucht plötzlich verschwunden.  Weder am Nest noch irgendwo anders im Wald wurde der fehlende Teil  je wieder gesehen. Außerdem verhielten sich die Eltern in solchen Nestern bis zum Verschwinden genau wie in allen anderen Nestern. Die Forscher gehen daher davon aus, das der Vogel umgekommen ist, zum Beispiel von einem Sperber erbeutet wurde. Dies habe dann in vielen Fällen den Tod des gesamten Geleges zur Folge.

Die Hauptfeinder der Blaumeisen: Specht, Marder, Sperber
Buntspechte und Marder (links und mittig) sind die Hauptfeinde der Küken im Nest. Bei Nistkästen haben sie keine Chance. Sperber (rechts) sind Greifvögel, die sich überwiegend von Vögeln ernähren, unter anderem von ausgewachsenen Blaumeisen die sie im Flug fangen.

Alleinerziehende Blaumeisen

Der zweite Elternteil erhöht nach dem Verschwinden die Anzahl der Flüge und versucht so, den Verlust auszugleichen. In zwei Dritteln der Fälle sind die Anstrengungen von Erfolg gekrönt. Dann erreichen auch die Küken einiger Nester mit nur einem Elternteil die “Volljährigkeit”. Alleinerziehende Weibchen sind dabei etwas erfolgreicher als Männchen. Dies könnte daran liegen, dass die Küken nicht ausreichend gegen Unterkühlung isoliert sind, bis sie ihr volles Federkleid entwickelt haben. Da nur die Weibchen der Blaumeisen über einen Brutfleck verfügen – eine besonders gut durchblutete Stelle am Bauch – und die Männchen nicht in der Lage sind zu brüten, könnten die Weibchen in der Alleinerziehung möglicherweise erfolgreicher sein. Allerdings erhöhen die Weibchen ihre Aktivität auch etwas stärker und sind dann ausdauernder als die Männchen.

Zehn Eier im Gelege einer Blaumeise (Foto: S. Rorlach)

Blaumeisen sind in Europa allgegenwärtig. Zu Beginn des Frühlings legen sie fünf bis zwölf Eier, die für etwa zwei Wochen vom Weibchen bebrütet werden. Nach dem Schlüpfen bleiben die Küken noch ungefähr drei Wochen im Nest und werden dort von beiden Eltern mit Nahrung und Wärme versorgt. Obwohl schon bis zu acht oder zehn Jahre alte Blaumeisen beobachtet wurden, ist dies eher selten. Die Sterblichkeit im Winter ist sehr hoch, weniger als die Hälfte überlebt ins neue Jahr. Von den überlebenden Pärchen reicht etwa die Hälfte die “Scheidung” ein.  Die neuen Partner unterschieden sich nicht im Alter von den vorherigen Partnern. Allerdings neigten die Männchen dazu, sich nun größere Weibchen zu suchen (Valcu & Kempenaers (2008), Bezahlschranke).

Niko Komin (follow )

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