Besser gar nicht, als in schlechter Luft bewegen

Symbolbild (Bildnachweis siehe unten)

Die schlechte Luft an stark befahrenen Straßen macht die positiven Effekte eines Spazierganges auf Herz und Lunge zunichte. Wer dagegen durch eine Grünanlage flaniert, tut ganz sicher etwas für die Gesundheit.

Zum Beweis ließ eine Forschergruppe 120 Männer und Frauen für zwei Stunden in London durch den Hyde Park oder entlang der nebenan liegenden Oxford Street spazieren. Diese verkehrsreiche Straße wurde 2014 dafür berühmt, die weltweit höchste Konzentration an Stickstoffdioxid in der Luft zu enthalten (The Independent, englisch). Auch zeichnet die Straße im Vergleich zum Park eine höhere Feinstaubkonzentration und wesentlich mehr Lärm aus. Nichts davon gilt als förderlich für die Gesundheit. Während frühere Untersuchungen sich in der Regel mit jüngeren Personen und höherer Aktivität (also z.B. Radfahren) befassten, waren die SpaziergängerInnen der aktuellen Studie alle über 60 Jahre alt. Die Gruppe setzte sich zu gleichen Teilen aus Gesunden sowie aus chronisch Herz- und chronisch Lungenkranken (COPD) zusammen, keiner von ihnen hatte in den zwölf Monaten zuvor geraucht.

Spaziergänge

Karte von London, schwarz-weiß. Farblich markiert Hyde Park und Oxford Street.
Hyde Park und Oxford Street in London. Kleine Karte oben links zeigt die Lage innerhalb des Zentrums von London. © OpenStreetMap contributors CC BY-SA

Bei allen drei Gruppen verbesserte sich die Lungenfunktion und die Durchblutung durch den Spaziergang im Park merklich und der Effekt hielt über 24 Stunden an. Eine gute Nachricht. Bei den Besuchern der Oxford Street lag die Sache leider anders. Der viel kleinere positive Effekt auf die Lunge bei Gesunden verschwand spätestens drei Stunden nach der Bewegung, die Lungenpatienten berichteten von stärkerem Husten und kürzerem Atem. Die Durchblutung verschlechterte sich sogar teilweise, sowohl bei den gesunden als auch bei den chronisch kranken TeilnehmerInnen. Den einzigen Trost erhalten die Herzkranken durch ihre Medikation, die den negativen Einfluss teilweise reduzieren kann. Sportliche Betätigung entlang stark befahrener Straßen ist also nicht nur kein Vergnügen sondern kann sogar schädlich sein. Interessanterweise hatte bei den Ex-Rauchern die Stärke des Zigarettenkonsums keinen Einfluss auf die Effekte. Über Langzeiteffekte können die Autoren mit der Studie keine Aussage treffen, dafür war sie nicht ausgelegt.

Die Übeltäter

Stickstoffoxide sind allgemein bekannt für ihre reizende Wirkung auf die Atemwege und gerade in der städtischen Luft ist ihr Anteil besonders hoch. Der Hauptproduzent ist der Straßenverkehr und hier insbesondere Dieselautos. Sie sind für 60% der Emissionen im Straßenverkehr verantwortlich (Umweltbundesamt), obwohl es etwa doppelt so viele Benzinautos in Deutschland gibt (LKWs nicht berücksichtigt). Auch am Feinstaub hat der Straßenverkehr großen Anteil. Hier kommt zu der Belastung durch die Verbrennungsmotoren selbst noch der Abrieb an den Reifen und Bremsen, also Beiträge die auch nicht durch die Einführung von Elektrofahrzeugen verhindert wird. Auch Lärm hat nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit und diese werden seit dem zwanzigsten Jahrhundert untersucht. Die US-Amerikanische Umweltschutzbehörde informierte schon 1978 über erhöhten Blutdruck als Folge von Lärm (“Noise: A Health Problem”, englisch).

Neu zugelassene Autos in Deutschland werden Jahr für Jahr stärker (Statistisches Bundesamt), der Anteil an Dieselfahrzeugen hat bis zum Jahr 2017 stetig zugenommen und auch die Menge aller Autos ist kontinuierlich größer geworden. Im Angesicht dieser Tatsachen ist es fraglich, ob der “Markt” ohne Eingriff der Gemeinschaft automatisch für eine Verbesserung der Luftqualität und der Lärmbelastung sorgen kann.

Niko Komin ()



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